Seit uralten Zeiten führte der Fußweg von Walle zur Kirche nach Groß Schwülper durch die Schunterwiesen. Am Nordrand, gleich unterhalb des Dorfes, führte der "Steg" über die Schunter. Es handelte sich um eine reine Holzkonstruktion. Zwei zusammengekoppelte Baumstämme bildeten zusammen mit den Auflagern an den Ufern das Tragwerk und überspannten die Schunterbreite von ungefähr 6 Metern.
Eine tiefgreifende Veränderung der Flussaue nördlich und östlich von Walle zog der Schunterausbau (1958-1959) nach sich. Um die Fließlänge der Schunter von Harxbüttel bis zur Mündung bei Walle zu verkürzen, wurde ein völlig neues Flussbett geschaffen. Der alte, bis dahin naturbelassene Flusslauf mit zahlreichen Schleifen und Bögen, der bis an die Grundstücke des alten Dorfes heranreichte, wurde mit dem beim Aushub der „neuen Schunter“ gewonnenen Boden verfüllt und eingeebnet. Die landschaftlich reizvolle Begrenzung des alten Dorfes durch die Schunter mit ihren malerischen Kopfweiden an den Ufern, ging dabei verloren. Der alte Holzsteg über die Schunter wurde abgebrochen und 50 Meter weiter nördlich durch eine Betonbrücke ersetzt. Wegen ihrer Bogenform wird sie im Volksmund auch „Katzenbrücke“ genannt.
Steg bis 1958 Foto: Archiv Jürgen Gartung |
Katzenbrücke ab 1959 Foto: Jürgen Gartung |
Halseberg wird die äußerste Landspitze des Waller Dorfplateaus zwischen Schunter und Oker genannt. Die südlich davon verlaufende Straße mit demselben Namen weist darauf hin. Heute befinden sich dort Einfamilienhäuser mit Nebengebäuden. Die Gesamtfläche des Halsebergs ist in Privatgrundstücke aufgeteilt, so dass für die Allgemeinheit kein Zutritt mehr besteht.
Aufgrund der topografischen Lage, rund vier Meter über Schunter- und Oker-Wiesenniveau, ist die Landspitze von Süden (Wiesengrund) und Nordosten (Schunterweg und Katzenbrücke) sehr gut zu sehen.
Von der jüngeren Steinzeit an wohnten bereits Menschen auf dieser Sanddüne zwischen den Ufern von Schunter und Oker. Zahlreiche Urnenfunde im Erdreich des Halsebergs weisen darauf hin. Sie lassen darauf schließen, dass wir es hier mit einer uralten Siedlungsstätte zu tun haben, vermutlich mit der ersten in diesem Bereich.
Die Menschen hinterließen viele Spuren von Arbeitsstätten, auf denen Feuersteingeräte und Waffen oder Tongefäße hergestellt wurden, und ihren Wohnplätzen. In den Beerdigungsplätzen versenkten sie die Totenurnen, die durch ihre Form und Art besonders zeitlich eingeordnet werden konnten. Auf dem Halseberg fand man Urnen aus der vorrömischen Eisenzeit (bei uns von 600 v. Chr. bis zur Zeitenwende).
Zu Beerdigungsplätzen gehörten seinerzeit ein oder mehrere Pfostenhäuser. Wenngleich hier keine Spuren von Häusern gefunden wurden, kann man davon ausgehen, dass die erste Siedlung auf dem Halseberg stattgefunden hat.
Mit dem Tod des Kaisers Otto IV. fiel die Scheverlingenburg, das spätere Walle, an das Stift St. Blasius in Braunschweig. Für die Nutzung der Felder und Gebäude waren die Waller Bauern gegenüber dem Stift als Grundherren zu Abgaben sowie Hand- und Spanndiensten verpflichtet.
Um den vom Stift eingesetzten Vogt und Krüger (Verwalter und Gastwirt) unterzubringen, ließ man um 1600 am nördlichen Rand des Dorfplatzes den Stiftskrug errichten. Hier konnten die Stiftsherren fortan bei ihren Besuchen wohnen, wenn sie die Abgaben kassierten und das Zinskorn abholten. Oft und gern haben sie anscheinend in ihrem Stiftskrug geweilt. Es lockte sie außer dem Landbesuch auch ein leckeres Mahl von Fischen und wohlschmeckenden Krebsen aus der Schunter.
Der letzte Stiftsvogt und Krüger hieß Kalberlah. Er kaufte 1830 den Krug nebst Kruggerechtigkeit, sowie die zugehörige Burgwiese und die "wilde Fischerei" in der Schunter. Der Krug wurde von der Familie Kalberlah bis 1920 betrieben, ehe sie das Gasthaus "Zum Schuntertal" übernahm, das von wechselnden Besitzern (heute von Anne und Klaus Wegener) weiter betrieben wird. Über dreihundert Jahre konnten die Waller ihren Durst im Stiftskrug stillen.
Beim Bombenangriff auf Walle am 29. Februar 1944 wurde das Dach des bereits in die Jahre gekommenen Stiftskrug durch den Luftdruck einer Bombe, die das benachbarte Stall- und Scheunengebäude getroffen hat,so stark beschädigte, dass es 1945 abgebrochen wurde. Erhalten blieb nur das so genannte "Wandervogelhaus" und der quadratische Brunnen aus Sandsteinplatten, bis sie beide 2017 entfernt wurden.
Wandervogelhaus links und Stiftskrug rechts. Foto: Archiv Jürgen Gartung |
Giebel und Haupteingang zum Stiftskrug. Foto: Archiv Jürgen Gartung |
Das Altdorf von Walle liegt erhöht auf dem Plateau zwischen den Flüssen Schunter und Oker. Bei der ursprünglichen Besiedlung um 1400 wurden die Höfe teilweise wie Tortenstücke um einen zentralen Platz angeordnet. Die Mehrzahl der Hauptgebäude war mit ihren Giebeln zum Dorfplatz ausgerichtet.
Seit 1721 befand sich auf dem offenen Dorfplatz von Walle der Gerichtspfahl. Für leichte Vergehen verurteilte Straftäter wurden mit Halseisen an den Pfahl gefesselt und dem Spott der Leute ausgesetzt. In Verbindung mit dem Stiftskrug eignete sich der Dorfplatz hervorragend auch als Festplatz.
Überhaupt spielte sich das Dorfleben überwiegend auf dem Dorfplatz ab. An der Scheune von Hof Nr. 6 war ein Klapperbrett (Hillebille) angebracht, an welches mit einem oder zwei Holzhämmern geschlagen wurde, wenn zu den Gemeindeversammlungen beim "Burmester" geladen werden sollte. Die wenigen Menschen, die seinerzeit um den Waller Dorfplatz herum wohnten, wussten, dass nach dem Klopfzeichen eine wichtige Ansage kam.
Den früheren Dorfplatz in der ursprünglichen Dorfmitte gibt es seit 1964 nicht mehr. Damals wurden die angrenzenden Grundstücke neu vermessen und die straßenseitig neu gebildeten Grenzen parallel zur Straße festgelegt. Seitdem ist die Fläche nicht mehr als Platz erkennbar. Die Kinder spielten auf dem Dorfplatz Fußball. Als Tor diente das Waagehaus, ein kleines Gebäude, in dem sich seit 1891 die gemeinschaftliche Viehwaage befand. Sie steht übrigens seit 1977 im Heimatmuseum in Bortfeld. Als 1977 die Straße "Im Dorfe" ausgebaut wurde, mussten Häuschen und Waage weichen. Das Waagehaus wurde abgerissen. In den Sommermonaten bis Anfang der 1960er Jahre wurde die Dreschmaschine von einem Lohnunternehmer auf dem Dorfplatz aufgestellt. Die Bauern kamen dann mit ihren Getreide-Garben auf hoch beladenen Ackerwagen und fuhren nach dem Dreschen mit Stroh und Korn wieder ab.
Alter Dorfplatz. Blick nach Nordwesten. Foto: Archiv Gartung |
Ein eigenes Wappen hat Walle seit 2005. Es wurde auf Initiative des gebürtigen Wallers, Dr. Wilfried Lochte, vom Heraldiker Dr. Arnold Rabbow erarbeitet.
Beim 9. Waller Spargelmarkt am 2.Juni 2006 wurde vor der St. Christinen Kirche ein Findling enthüllt, in den der Waller Steinmetz Günter Hansen zuvor das Wappen eingemeißelt hatte. Der 3 Tonnen schwere Findling aus der Eiszeit kommt von Werner Eßmann, der ihn beim Aushub des Teiches westlich der Abzweigung Wiesengrund/Schunterstraße gefunden und geborgen hat.
Die Begründung des Waller Wappens von 2005 hebt die einstige reichspolitische Bedeutung Walles hervor, das vom welfischen Kaiser Otto IV. (1198 – 1218) als ein Zentrum seiner Herrschaft vorgesehen war, woran der Reichsapfel erinnert. Der gezinnte Wallring im Wappen vertritt also zum einen die Scheverlingenburg, zum anderen gibt er den Ortsnamen bildlich wieder. Die braunschweigischen Landesfarben Blau-Gelb haben hier eine doppelte Bedeutung, da Walle ein Grenzort zwischen den welfischen Territorien des braunschweigischen und des lüneburgischen Anteils war. Auch die lüneburgischen Wappenfarben waren Blau-Gelb und sind noch heute die Farben des Landkreises Gifhorn, zu dem Walle gehört. |
Der alte Dorfkern von Walle ist im Verzeichnis der Archäologischen Kulturdenkmale enthalten. Die geschützte Fläche entspricht dem Standort der Scheverlingenburg, die sich hier ursprünglich befunden hat. Die Eintragung als Bodendenkmal wurde von der Denkmalpflege 1999 vorgenommen, obwohl nur noch Reste der Wallanlage vorhanden und diese ringsum mit Wohnhäusern umgeben sind. Hauptgrund war die Vermutung, dass sich hier im Boden von Menschen geschaffene oder bearbeitete Sachen befinden, die Aufschluss über menschliches Leben in vergangener Zeit geben. (§ 3 [4] Nds. Denkmalschutzgesetz)
Marienkirche in Scheverlingenburg
Es war Kaiser OttoI IV, der im Januar 1213 die „Kirche St. Maria bei Scheverlingenburg“ gründete. Die großzügige Ausstattung dieser Stiftung mit Kirchengütern nährte die wohl eher spekulative Annahme, Otto könnte hier ein Kloster und seine spätere Grablege geplant haben. Unklar ist, ob der Bau der Kirche jemals begonnen wurde. In dem Testament vom Vorabend seines Todes am 19. Mai 1218 überträgt er Scheverlingenburg samt Kirche und deren Besitzungen auf das Stift St.Blasius in Braunschweig mit dem dortigen Dom als Stiftskirche.
Christinenkirche in Walle
MCDC IIII – 1504 - steht über dem Eingangsportal zur Kirche, das Jahr der Einweihung des Waller Kirchturms, dessen Bau 1503 begonnen wurde. Der Turm wurde wahrscheinlich dort errichtet, wo die frühere Burgkapelle stand. Ein gutes Jahrzehnt zuvor ist erstmals die Schutzherrschaft der Heiligen Christine über diese Kirche schriftlich belegt. Der Turm birgt auch das vielleicht älteste Zeugnis der Waller Kirchengeschichte, eine kleine Bronzeglocke, die ihrer Form nach etwa im 12./13. Jahrhundert gegossen wurde. Eher in den Bereich der Kuriositäten fällt dagegen das vor der Schallöffnung an der westlichen Turmseite angebrachte Ziffernblatt der Uhr. Es verzichtet auf einen Minutenzeiger und zeigt dem Betrachter nur die vollen Stunden. Bemerkenswert auch noch der alte eichene Opferstock in der Turmhalle. Einer Untersuchung des Instituts für Holzbiologie der Universität Hamburg zufolge stammt der jüngste Kernholzjahresring aus dem Jahr 1546. Der Überlieferung nach haben im 30jährigen Krieg Reiter des Generals Tilly vergeblich versucht, den Opferstock aufzubrechen. Im Vergleich zum Turm kommt das Kirchenschiff eher bescheiden daher. Sehenswert jedoch sind die 1896 entstandenen ornamentalen Wand- und Deckenmalereien, u.a. drei medaillonartige Darstellungen an der Altarwand. Sie zeigen in der Mitte das Christusmonogramm, links Gesetzestafeln mit Ähren und Weinranken sowie rechts den Abendmahlskelch, ebenfalls mit Ähren und Weinranken. Ihr Schöpfer war der Kirchenmaler Adolf Quensen, der zuvor schon den Braunschweiger Dom ausgemalt hatte.Im Kriege beschädigt und danach weiß übertüncht, wurde die Ausmalung 1997aufwendig restauriert und zeigt sich dem Besucher heute wieder in ihrer ursprünglichen Form.
Alte Bronze-Glocke Foto: Kirchenheft |
Kirchenschiff mit Bemalung Foto: Archiv Jürgen Gartung |
Auf dem Kirchenvorplatz stehen zwei Mahnmale zum Gedenken an die Gefallenen der beiden Weltkriege. Daneben erinnert eine Stele an die Opfer des Bombenangriffs vom 29.Februar 1944.
An diesem Tag greifen alliierte Bomber ein weiteres Mal Braunschweig an. Getroffen werden die Siedlung Lehndorf, der Madamenweg, die Kreuzstraße sowie die Dörfer Lamme und Walle. Vermutlich wurde das neblig-trübe Wetter jenes Tages beiden Orten zum Verhängnis: Aufgrund schlechter Sichtverhältnisse hatten die Piloten wohl ihr eigentliches Ziel verfehlt.
Der Bombenangriff fordert 16 Todesopfer. Neun Tote allein im Keller des Bauerhauses direkt neben der Kirche. Darunter zwei Mütter mit ihren vier Kindern. Auch eine Schwangere. Nur ein kleiner Junge im Kinderwagen überlebt oben im Erdgeschoß. In ihrer Todesangst hatte seine Mutter ihn dort vergessen Die Kirche bleibt nahezu unversehrt. 16 Namen stehen auf der Stele.
Der letzte gehört einem russischen Kriegsgefangenen.
In alten Chroniken wird das heutige Walle unter der Ortsbezeichnung Scheverlingenburg erstmals gegen Ende des 11. Jahrhunderts erwähnt: Um 1090/91 wird Braunschweig durch feindliche Truppen des Kaisers Heinrich IV besetzt. Die damalige Braunschweiger Markgräfin Gertrud entzieht sich der Besatzung durch Flucht auf die Scheverlingenburg, eine auf einem Plateau zwischen den Flüssen Schunter und Oker befestigte Anlage, die zu der Zeit im Besitz der Brunonen war. Deren Erdwällen verdankt Walle vermutlich seinen Namen. Seine größte Bedeutung erfährt der Ort unter Kaiser Otto IV, dessen Aufenthalt am 10. Juni 1212 durch eine von ihm an diesem Tage in Keverlingenburg ausgestellte Urkunde bezeugt ist. Im Januar 1213 gründet er dort eine Kirche und stattet sie mit zahlreichen Privilegien und Ländereien aus, so auch die nördlich von Veltenhof an der Oker gelegeneSiedlung Honrode. Der Umfang dieser Stiftung gab Historikern Anlass zu der Vermutung, dass hier ein Kloster oder spätere Grabeskirche entstehen sollte. Der Reichsapfel im Waller Wappen erinnert an diesen geschichtlichen Hintergrund.
Otto stirbt am 19. Mai 1218 auf der Harzburg. In dem Testament vom Vorabend seines Todes überträgt er Scheverlingenburg samt Kirche und deren Besitztümern auf das Stift St. Blasius mit dem Braunschweiger Dom als Stiftskirche.
Der Ortsname Walle läßt sich zum ersten Mal in einer Urkunde aus dem Jahr 1406 nachweisen. Scheverlingenburg gerät danach allmählich in Vergessenheit.
Niedersächsisches Amt für Denkmalpflege: Archäologisches Kulturdenkmal Burg mit geschützter Fläche. Lageplan im Verzeichnis der Kulturdenkmale.
Kaiser Otto IV
Otto IV von Braunschweig war von 1198 bis 1208 zunächst römisch-deutscher König und ab 1209 dann auch Kaiser des römisch-deutschen Reichs.
Geboren wurde er 1175 oder 1176 wahrscheinlich in Braunschweig als Sohn von Heinrich dem Löwen und Mathilde Plantagenet aus dem englischen Königshaus. Otto lebte etliche Jahre im Exil in England. Unter anderem belehnte ihn dort sein berühmter Onkel Richard Löwenherz mit der Grafschaft York .
Otto starb am 19. Mai 1218 auf der Harzburg.
Nördlich der Straße "Am Wall" sind die Reste des einstigen Walles der Scheverlingenburg noch vorhanden. Allerdings ist die Struktur der einstigen Befestigungsanlage nur noch sehr schwer zu erkennen, da der Wall vollständig von Häusern eingeschlossen ist.
Bei Ausgrabungen 2001 konnte der genaue Verlauf des um 1600 bereits abgetragenen Erdwalls im südöstlichen Bereich der Burganlage festgestellt werden (Am Wall/Im Dorfe). Mindestens fünf parallele Pfostenreihen wurden gefunden. Natürlich waren die Pfosten nicht mehr erhalten, zeichneten sich aber deutlich als dunkle Verfärbungen im gelben Sand ab. Die Pfosten stellten die innere Konstruktion des Walles dar. Hierdurch wurde vermutlich das aufgeschüttete Material vor dem Abrutschen durch Erosion gesichert.
Vor dem Wall konnte bei den Grabungen im Frühjahr 2001 eine ca. sieben Meter breite, dunkle Verfärbung freilegt werden. Es handelte sich hierbei um die Verfüllung des Trockengrabens, der begleitend vor dem Wall verlief. Weil die Sohle des Grabens wesentlich höher als die der Schunter lag, war es kein Wassergraben und die Scheverlingenburg keine Wasserburg.
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Um 1600 wurden große Teile des Erdwalles abgetragen. Der Sand wurde zum Verfüllen von Kuhlen und Kulken in den angrenzenden Wiesen benötigt.
Ende des zweiten Weltkrieges gruben einige Waller in ihrer Not einen Stollen in den noch vorhandenen Erdhügel. Er diente als Luftschutzraum und wurde bei Alarm aufgesucht. Allerdings war er nicht immer zugänglich, weil der Sand ständig nachrutschte und der Stollen laufend abgestützt werden musste.
Südlich der Straße "Am Wall" befinden sich heute mehrere Einfamilienhäuser auf ebener Fläche. Sie wurden Ende der 1960er Jahre errichtet, nachdem man vorher die hügelige Düne abgebaggert und als guten Sand für Mauermörtel verkauft hatte. Die Höhendifferenz (Abbruchkante) zwischen den ebenen Baugrundstücken "Am Wall" sowie den höher liegenden Flächen weiter südlich "Im Wiesengrund" ist noch heute deutlich sichtbar.
Eine tiefgreifende Veränderung des Dorfbildes und der Flussaue nördlich und östlich von Walle zog der Schunterausbau (1958-1959) nach sich. Um die Fließlänge der Schunter von Harxbüttel bis zur Mündung um 1.500 Meter zu verkürzen, wurde ein völlig neues Flussbett geschaffen. Der alte, bis dahin naturbelassene Flusslauf mit zahlreichen Schleifen und Bögen, der bis an die Grundstücke des alten Dorfes heranreichte, wurde mit dem beim Aushub der „neuen Schunter“ gewonnenen Boden verfüllt und eingeebnet. Die landschaftlich reizvolle Begrenzung des alten Dorfes durch die Schunter mit ihren malerischen Kopfweiden an den Ufern, ging dabei verloren.
Alter Flusslauf der Schunter vor der Begradigung. Foto: Archiv Gartung
Ende der 1960er Jahre wurde das Gelände gegenüber der Straße „Am Wall“ östlich der Straße „Im Dorfe“ um rund vier Meter aufgeschüttet und von der Gemeinde Walle zum Festplatz hergestellt. Hier war genügend Fläche für ein Festzelt, für Buden und Fahrgeschäfte vorhanden. Von 1969 bis 1978 fanden hier nun die Schützenfeste des SV Adler Walle statt. Auch das 75 jährige Bestehen des MTV Walle wurde im Zelt auf dem Festplatz gefeiert (13.-15.09.1985).
1977 entstand hier das Feuerwehr-Gerätehaus, das 1993/94 um einen Schulungsraum erweitert wurde. Das 100 jährige Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Walle wurde vom 29.bis 31. 08. 2002 mit mehreren hundert Gästen im Zelt auf dem Waller Festplatz gefeiert. Es war wohl das größte und letzte Ereignis in der bis dahin 34 jährigen Geschichte des Festplatzes.
Von 1998 bis 2006 fand der jährliche Spargelmarkt auf Bührigs Hof und der Straße "Im Dorfe" von der Kirche bis einschließlich Festplatz statt, später dann im Sportpark des MTV.
2017/18 wurde die Neugestaltung des Waller Festplatzes in den Entwicklungsplan der Dorfregion eingebracht und zur Aufnahme in den Förderungskatalog des Landes Niedersachsen empfohlen.
Nach Zusage der Förderungsmittel erarbeite „Walle für Alle“ einen Maßnahmenkatalog für die zuküntige Nutzung und die Neugestaltung:
- Schaffung eines Mittelpunktes für dörfliche Aktivitäten mit Pavillon, Feuerplatz und Maibaum
- Herstellung eines PKW-Parkplatzes und einer Freifläche für Fahrgeschäfte bei Dorffesten, nutzbar auch als Hubschrauberlandeplatz für Noteinsätze
- Einfassung und Abgrenzung des Platzes zum Straßenraum durch Bäume und Hecken
Die bauliche Umsetzung erfolgte im Jahr 2020 durch die Gemeinde Schwülper. Es entstand ein Pavillon als Rast- und Unterstellplatz für Fuß- und Radwanderer mit Sitzgelegenheiten und Informationstafeln. Die gepflasterte Fläche wurde in unterschiedlichen Farben hergestellt. Die anthrazitfarbenen Betonsteine symbolisieren den ehemaligen Verlauf der Schunter an dieser Stelle.
Außerdem entstand eine Feuerstelle mit Sitzgelegenheiten und ein Fußweg Richtung Kirche, eingefasst von zwei Sandsteinpfosten mit der Aufschrit „Scheverlingenburg“ und dem Waller Wappen.
Mitlerweile wird der neugestaltete Festplatz von den Wallern sehr gut angenommen. Bei zahlreichen Aktivitäten hat sich die Anlage schon bewährt:
- Freiluftheater mit Pavillon als Bühne
- Bürgerbrunch
- Laternenumzüge
1855 entstand in Walle eine Ziegelei. Der für die Produktion benötigte Ton kam ab 1889 aus der Kuhle nordöstlich von Walle (heute rechts der Straße von Walle nach Groß Schwülper vor der großen Linkskurve). Um den dort abgebauten Ton zur 1.100 Meter entfernten Ziegelei an der jetzigen Abzweigung Schunterstraße/Ziegeleiweg zu transportieren, wurde 1923/24 eine Drahtseilbahn gebaut. Auf der gesamten Länge gab es mehrere Zwischenunterstützungen. Leider war der Betrieb nicht sehr sicher. Nachdem die Tragseile mehrfach gerissen und die Hängeloren abgestürzt waren, musste im Bereich der Straße eine Fangbrücke hergestellt werden.
Am wirtschaftlichen Aufschwung der "Gründerzeit" nach dem Krieg 1870/71 konnte man aufgrund der vorhandenen Technik in der Ziegelei zunächst teilhaben. Zum Bau der "Bürgerhäuser" in Braunschweig wurden große Mengen von Backsteinen und Dachziegeln benötigt.
Fotos und Zeichnungen von der Waller Ziegelei sind nur spärlich vorhanden. Es steht jedoch fest, dass es sich wie in Groß Schwülper um eine Dampfziegelei gehandelt hat. Alle Geräte einer mechanisierten Dampfziegelei wurden von Dampfmaschinen angetrieben.
In der Waller Ziegelei dürfte die Dampfmaschine für die Antriebe der Drahtseilbahn und der Tonmühlen gedient haben. Zur Unterbringung war eine Maschinenhaus mit einem hohen Schornstein erforderlich.
Wichtigster Bestandteil der Ziegelei war der Brennofen im Zentrum der Anlage. In der damaligen Zeit kamen Ringöfen zum Einsatz, die aus einem Oval mit mehreren Kammern bestanden. In der Mitte des Brennofens war ein hoher Schornstein angeordnet.
Die Waller Ziegelei verfügte über zwei hohe Schornsteine, die neben dem Maschinenhaus und dem Brennofen-Gebäude auf dem Grundstück vorhanden waren. Außerdem befanden sich auf dem Ziegeleihof mehrere Trockenschuppen und zwei Tonmühlengebäude. In alten Plänen sind außerdem ein Stall und ein Wohnhaus enthalten.
Mit der Wirtschaftskrise der 1920er Jahre drohte auch der Waller Ziegelei das Aus. So mochte es manchem ganz recht sein, dass es am 15.02.1926 gegen 17:30 Uhr ohne ersichtlichen Grund in der Ziegelei zu einem Brand kam. Böse Zungen sprachen von Brandstiftung. Doch dieser Verdacht konnte nicht gerichtsfest bewiesen werden.
1938 wurde schließlich ein Schlussstrich unter das Kapitel "Waller Ziegelei" gezogen. Der ehemalige Ziegelmeister Heinrich Gelis kaufte die 1898 gebaute "Villa", früher Wohnung des Ziegeleidirektors. Die Reste von Ringofen und Trockenschuppen auf dem Ziegeleigrundstück wurden abgerissen. Das noch auf dem Hof stehende Wohnhaus nebst Scheune und Garten erwarb Wilhelm Brüder. Nach 1945 entstanden dort die ersten Bauten für Flüchtlinge aus den ehemals deutschen Ostgebieten. Heute sind auch die letzten an die frühere Ziegelei erinnernden Reste verschwunden und an deren Stelle moderne Wohnhäuser entstanden.
Seit mehr als 400 Jahren führt der Weg von Lagesbüttel und Groß Schwülper nach Walle über eine Schunterbrücke. Diese Überlieferung bestätigten Untersuchungen von Holzpfosten, die 2005 bei Baubeginn der jetzigen Brücke ausgegraben wurden. Derartige Gründungspfosten konnten von Wasser umflutet mehrere Jahrhunderte überdauern. Anders der hölzerne Oberbau, der immer wieder erneuert werden musste. Dass es sich ursprünglich um reine Holzkonstruktionen handelte, macht auch eine Zeitungsnotiz von 1871 deutlich: Die Bauern wurden aufgerufen, das marode Bauwerk wieder instand zu setzen, nachdem ein Knecht mit seinem Pferdefuhrwerk auf der Brücke verunglückt war. Das Holz wurde von "Staat" geliefert.
Seit dem die Schunterwiesen ab 1860 bewässert wurden, waren zwei Brücken erforderlich. Eine über den Flusslauf der Schunter und die zweite (Richtung Lagesbüttel) über den Staugraben (Pastorengraben). Vor der eigentlichen Schunterbrücke befand sich ein Stauwehr aus Mauerwerk und Beton. Die vier Durchlässe konnten mit Schiebern aus Holz (Schütten) verschlossen werden. Bei geschlossenen Schiebern wurde die Schunter angestaut und der westwärts abzweigende Bewässerungsgraben geflutet. Der Staugraben verteilte das Wasser über kleinere Gräben auf die Wiesen- und Weideflächen.
Unterhalb des Wehres lernten die Waller Kinder das Schwimmen. Auf der Betonfläche konnte man bei normalem Wasserdurchfluss stehen. Danach kam flussabwärts eine tiefere Kuhle. Die galt es mit Anschwung und Hilfe der Strömung zu überwinden. Das wurde so lange wiederholt, bis man ein sicherer Schwimmer war.
Der Bau von zwei massiven Brücken anstelle der bisherigen Holzbrücken erfolgte 1929. Bis zur Verlegung des Schunterbettes 1959, der Verfüllung des Staugrabens und dem Abriss des Stauwehres wurden die Durchlässe beider Brücken benötigt. Danach floss das Wasser der neuen Schunter durch die ehemalige Staugrabenbrücke. Die eigentliche Schunterbrücke war im Grunde überflüssig geworden, sorgte aber bei Hochwasser als Flutbrücke für schnellen Abfluss. Das neue Brückenbauwerk von 2005 überspannt auf einer Länge von 30 Metern sowohl den Flusslauf als auch den Hochwasserablauf.
Stauwehr. Blick von Südwesten. Foto: Gisbert Hauer |
Schunterbrücke Foto: Jürgen Gartung |
Der Gewerbepark hat seinen Namen 1997 im Rahmen der Bauleitplanung bekommen. Er bezieht sich auf drei Kiesteiche, die sich unmittelbar nördlich des Plangebietes befinden und sich seenartig in die Landschaft einfügen. Der erste davon ist bereits beim Bau der Bundesautobahn A2 (1934-1936) ausgebaggert worden. Damals wurde sehr viel Kies zum Bodenaustausch der Wiesenflächen und für die Aufschüttung der Rampen zu den Autobahnbrücken gebraucht. Für die Waller war die fünf Hektar große Wasserfläche schlicht „der Teich".
Durch weitere Kiesausbeute auf vormals Ackerland in den 1990er Jahren kamen 19 ha neue Wasserfläche dazu. Der Gewerbepark umfasst eine Fläche von rund 90 ha. 40% davon liegen in der Gemarkung Walle und 60% in der Gemarkung Wenden. Nach Vereinbarung zwischen der Gemeinde Schwülper und der Stadt Braunschweig begannen die gemeinsamen Planungen 1999. Es handelte sich um den ersten "Interkommunalen Gewerbepark" in Niedersachsen. Wie seinerzeit vereinbart, wurde ab 2002 zuerst der westliche Teil mit den Waller Grundstücken vermarktet und bebaut. Wegen großer Nachfrage nach Gewerbegrundstücken folgte direkt danach die Bebauung des östlichen Abschnitts auf Braunschweiger Seite und war bald darauf abgeschlossen.
Als ein Teil der notwendigen Ausgleichsmaßnahmen konnte z.B. auf Waller Gebiet die Renaturierung der Schunter durchgeführt werden.
Seitdem es den Landkreis Gifhorn gibt (1885), ist Walle der südlichste Ort und grenzt direkt an die Stadt Braunschweig an. Die Grenze zu Veltenhof und Wenden verlief bis 1974 etwa am Mittellandkanal (1930 -1934 gebaut). Die Autobahn A 2 (1934 - 1936 gebaut und 2000 verbreitert) ist jetzt die Grenze, nachdem bei der Gebietsreform 1974 rund die Hälfte der Waller Feldmark der Stadt Braunschweig zugeordnet wurde. Auf der abgegebenen Fläche entstand das Gewerbegebiet "Hafen-West" , das innerhalb weniger Jahre bis auf eine größere Restfläche bebaut war. Auf dieser Restfläche hat inzwischen Volkswagen eine große Halle für die Montage von Batterien gebaut.
Bauschild Foto: Jürgen Gartung |
In dem unmittelbar vor seinem Tode am 19. Mai 1218 verfassten Testament schenkte Kaiser Otto IV dem Stift St. Blasius in Braunschweig zahlreiche Ländereien, darunter auch den Ort Honrode, eine Siedlung auf einer niedrigen sandigen Anhöhe am rechten Okerufer zwischen dem heutigen Walle und Veltenhof. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts wurden die Honroder Bauern nach Scheverlingenburg (Walle) umgesiedelt und bewirtschafteten von dort aus die Flur der Wüstung Honrode.
Wie Walle lag auch Honrode auf einer Sanddüne östlich der Oker. Da es sich hier ebenfalls um Sand handelte, der wegen seiner Körnung und Konsistenz sehr gut als Mauermörtel geeignet war, wurde er zwischen 1980 und 1990 abgebaut. Die heute an der Stelle vorhandene ebene Fläche liegt etwa vier Meter unter der ursprünglichen Geländefläche, auf der die Häuser von Honrode standen. Beim Sandabbau fand der Waller Hobby-Archäologe Gisbert Hauer Skelettreste vom früheren Friedhof, Ziegelreste der früheren Bauten und zahlreiche Tonscherben. Letztere wurden dem Museum in Gifhorn übergeben und können dort besichtigt werden.
Kirchenkuhle
Foto: Jürgen Gartung
Soweit die offizielle Geschichtsschreibung. Nur noch wenige Eingeweihte aber wissen um die wahre Geschichte dieses sagenumwobenen Ortes. Danach war der Herrgott über das frevelhafte Treiben der Honroder so erzürnt, dass er den Ort zerstörte und die Kirche in einem tiefen Loch versenkte, das sich allmählich mit Wasser füllte, die heutige Kirchenkuhle. Alte Waller konnte man in früheren Tagen noch von dumpfen Glockenschlägen raunen hören, die zu mitternächtlicher Stunde aus der Tiefe des geheimnisvollen Gewässers emporstiegen.
Nicht ganz auszuschließen ist jedoch, dass sich diese Wahrnehmungen vor allem nach einem ausgiebigen Besuch des Stiftskrugs einstellten.
Das heutige Gelände des Waller Sportparks war einst eine Schweineweide. Im Jahr 1934 erhielt der MTV eine Teilfläche, um ein Fußballfeld anzulegen. 1951 wurde ein kleines Umkleidehäuschen gebaut. Von 1935 bis 1980 lag das Spielfeld dort, wo jetzt Tennisplätze sind. Um den Sportbetrieb zu erweitern, begann 1980 die Planung für eine größere Anlage, die 1982 mit einem Fußballfeld und einem Bolzplatz begann.
1983 legte die Tennisabteilung zwei Tennisplätze an, gefolgt von Bauarbeiten für Umkleideräume und Schießstand. 1985, rechtzeitig zur 75-Jahrfeier des MTV, wurde der erste BauabschniY fertiggestellt. Geldmangel verhinderte vorerst den Bau eines Clubraums und einer Mehrzweckhalle, die erst 1988 genehmigt wurden.
1992 wurde der erste Bauabschnitt mit dem 5. Tennisplatz abgeschlossen. 2014 wurde eine neue Flutlichtanlage für das Fußballfeld eingeweiht. 2015 wurde aus einem Tennisplatz ein öffentlicher Multufunktionsplatz, und 2017 wurde eine neue Ballsporthalle eröffnet. Der letzte Bauabschnitt umfasste die Erneuerung der Clubraum-Fassade mit einem Geschäftszimmer für den Vorstand.